Ehe für alle in der Schweiz!

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Helvetische Sorgfalt par excellence: Sieben lange Jahre hat es gedauert, bis sich das Schweizer Parlament endlich dazu durchringen konnte, die Ehe für alle zu verabschieden. Am 18. Dezember endlich war es so weit: National- und Ständerat haben die Ehe für alle parlamentarisch unter Dach und Fach gebracht. Einen weiteren Meilenstein bedeutete der heutige Tag für Intersexuelle und Transgender. Das Parlament sprach sich für eine einfachere Änderung des Geschlechtseintrags in amtlichen Dokumenten aus.

Im Juni hatte eine deutliche Mehrheit des Schweizer Nationalrats für die Ehe für alle gestimmt (wir berichteten) – die Vorlage ging zur weiteren Abstimmung an die kleine Kammer des Schweizer Parlaments, den Schweizer Ständerat. Dieser stimmte Anfang Dezember zwar grundsätzlich auch dafür, aufgrund einiger Unstimmigkeiten bei der Samenspende für Frauenpaare konnte aber noch keine endgültige Entscheidung getroffen werden (wir berichteten). Nachdem alle formalen Unklarheiten beseitigt waren, stand den Schlussabstimmungen in beiden Kammern des Schweizer Parlaments am 18. Dezember nichts mehr im Wege. 

Deutliches „Ja“ in beiden Kammern

Im Nationalrat fiel die Schlussabstimmung zur Ehe für alle deutlich aus: 136 Abgeordnete stimmten dafür, 48 dagegen, neun Abgeordnete enthielten sich der Abstimmung. Wenige Stunden zuvor hatte schon der Ständerat mit 24 zu 11 Stimmen (sieben Enthaltungen) eindeutig „Ja“ zur Ehe für alle gesagt. 

Auch für trans* und intergeschlechtliche Menschen hat das Parlament heute eine Vereinfachung beschlossen: Sie dürfen ihren Geschlechtseintrag in amtlichen Dokumenten selbstbestimmt und ohne Zustimmung beider Eltern ändern, allerdings erst ab 16 Jahren.

Vollständige Gleichstellung noch nicht erreicht

Doch auch mit der Ehe sind homosexuelle Paare in der Schweiz heterosexuellen Paaren rechtlich nicht vollständig gleichgestellt. 

Lesbischen Paaren wurde die Samenspende zwar im Grundsatz erlaubt, doch rechtlich abgesichert sind sie nur dann, wenn das Kind mittels Samenbank in der Schweiz gezeugt wurde. Private Samenspenden oder Samenspenden im Ausland dürfen sie somit nicht in Anspruch nehmen.

Verheirateten Männerpaaren bleibt nach wie vor nur die Stiefkindadoption, da die Leihmutterschaft nicht Bestandteil der Ehe für alle ist.

Auch Bestimmungen zur Hinterlassenenrente, in Deutschland Hinterbliebenenrente genannt, sieht die heute beschlossene Vorlage nicht vor. Witwen und Witwer haben nach dem Tod ihrer Ehepartner*innen vorerst also keinen Anspruch auf Hinterlassenenrente.

Ultrakonservative wollen Ehe für alle per Volksentscheid stürzen 

„Wir lehnen diese Verwässerung der Institution Ehe ab“, schrieb die Eidgenössisch-Demokratische Union (EDU) im Juni in einer Medienmitteilung und kündigte schon damals ein Referendum an für den Fall, dass die Vorlage vom Parlament angenommen wird. In 100 Tagen muss die ultrakonservative christliche Partei 50.000 Unterschriften gesammelt haben, damit ein Referendum zustande kommt und die Schweizer*innen das letzte Wort haben.

Aber auch eine Volksabstimmung dürfte keine ernsthafte Gefahr für die Ehe für alle darstellen. Umfragen zufolge unterstützt die überwiegende Mehrheit der Schweizer Bevölkerung die Gleichstellung homosexueller Paare.

Wie eine im Oktober 2019 vom gfs-zürich durchgeführte Umfrage belegt, sprechen sich die Wähler*innen der Christlichdemokratischen Volkspartei (CVP) und sogar die der nationalkonservativen, rechtspopulistischen Schweizerischen Volkspartei (SVP) mehrheitlich dafür aus, dass gleichgeschlechtliche Paare heiraten dürfen (wir berichteten).

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