Gestern war ein vielversprechender Tag für die queere Community in der Schweiz: Der Nationalrat stimmte für die Initiative „Ehe für alle“ (inkl. Samenspende) und im Ständerat wurde beschlossen, Änderungen des Geschlechtseintrags künftig zu vereinfachen.
Aufgrund von unterschiedlicher Auffassungen bezüglich der Frage, ob lesbische Paare auf Samenspenden zurückgreifen dürfen, um Kinder zu bekommen, musste die für den 3. Juni geplante Abstimmung über die Initiative „Ehe für alle“ verschoben werden (wir berichteten).
Gestern war es nun soweit – und das Warten hat sich gelohnt! Eine überwältigende Mehrheit des Schweizer Nationalrats, der großen Kammer des Schweizer Parlaments, hat sich gestern für die Initiative „Ehe für alle“ ausgesprochen (132 zu 52 Stimmen bei 13 Enthaltungen). Auch darauf, dass verheiratete Frauen Samenspenden in Anspruch nehmen sollen dürfen, haben sich die Parlamentarier einigen können.
Damit sind aber längst noch nicht alle politischen Hindernisse überwunden. In einem nächsten Schritt muss die Vorlage auch von der kleinen Kammer des Schweizer Parlaments, dem Ständerat, angenommen werden.
Die Macht des überwiegend konservativen Ständerats hat sich kürzlich erst wieder gezeigt: Im vergangenen September hatte der Nationalrat für eine statistische Erfassung von homo-, bi-, trans- und interfeindlich motivierten Hassverbrechen gestimmt (wir berichteten), im Ständerat war man jedoch dagegen, die Motion wurde abgelehnt (wir berichteten).
Gegner wollen Referendum
Die Eidgenössisch-Demokratische Union (EDU) der Schweiz kündigte bereits an, ein Referendum ergreifen zu wollen, sollte es die Vorlage durch beide Kammern des Parlaments geschafft haben. „Aus Sorge um die historisch gewachsene Institution der Ehe“, wie es in einem offenen Brief an die Parlamentarier heißt, kämpft die christlich-nationalkonservative Partei vehement gegen die gleichgeschlechtliche Ehe, die einer „nicht hinnehmbaren Verwässerung“ der traditionellen Ehe gleichkäme.
Aber selbst eine Volksabstimmung dürfte kaum das Potenzial haben, die Initiative „Ehe für alle“ ernsthaft zu gefährden. Umfragen haben ergeben, dass die überwiegende Mehrheit der Schweizer Bürger*innen die Gleichstellung homosexueller Paare unterstützt.
Erleichterte Änderung des Geschlechtseintrags für volljährige inter*- und trans*-Menschen
Im Schweizer Ständerat konnte heute ein Erfolg für inter*- und trans*-Menschen erzielt werden. Hinsichtlich einer Vereinfachung bei der Änderung des Geschlechtseintrags von intergeschlechtlichen und transsexuellen Menschen sprach sich der Ständerat heute für eine Überarbeitung des Bürgerlichen Gesetzbuchs aus. Mit 31 zu 7 Stimmen (bei 7 Enthaltungen) wurde beschlossen, dass der Geschlechtseintrag zukünftig mittels einer einfachen Erklärung beim Standesbeamten geändert werden kann. Diese Regelung gilt aber nur für Personen ab 18 Jahren, Minderjährige bleiben davon ausgeschlossen.