Dass der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan „traditionelle“ Familienwerte verteidigt, ist bekannt. Auch seine Meinung über die Menschenrechtsbewegung der westlichen Welt wurde deutlich, als er im Frühling 2016 in einer Rede abfällig äußerte, dass sich westliche Länder mehr um Schwulenrechte und Tierschutz kümmern würden als um den Syrienkonflikt. Ansonsten hält sich Erdoğan mit Kommentaren zu LGBTIQ*-Themen normalerweise zurück. Doch jetzt platzte dem Vorsitzenden der AKP (Partei für Gerechtigkeit und Aufschwung) der Kragen. Bei einer verbalen Attacke gegen die Oppositionspartei CHP (Republikanische Volkspartei) sagte Erdoğan über deren Programm: „Ihre Verbindung zu den Werten unseres Landes sind derart abgeschnitten, dass sie für das Bezirkskomitee in einer unserer wichtigsten Städte eine Eins-zu-Fünf-Gay-Quote aufgesetzt haben.“ Gemeint ist wohl der Landkreis Nilüfer, wo die CHP regiert und es tatsächlich eine solche Quote gibt. Erdoğans Worte werden allerdings nicht als konstruktive Kritik an der Quote gelesen, sondern als Absage an LGBTIQ*-Rechte im Allgemeinen. Das zeigen die Reaktionen auf die Rede in der Türkei und international.
SCHWULE PRESSE ALARMIERT:
Erdogan 7
Journalist Francesco Lepore warnt in einem Artikel auf gaynews.it vor einer „Eskalation von Gewalt und Diskriminierung gegen LGBT-Menschen in der Türkei “.
DIE TÜRKISCHEN LGBT-KOMMUNISTEN KONTERN:
Erdogan Reaktion 1
„Als Erdoğan Homsexuelle angriff und von ‚moralischen Werten‘ sprach, vergaß er die Korruption in der AKP und den Kindesmissbrauch unter Imamen zu erwähnen.“
AUTOR STELLT FORTSCHRITT GEGEN TRADITIONEN:
Erdogan Rwaktion 2
Der türkische Autor Selami Haktan nutzte die Gelegenheit, um noch mal lobend zu erwähnen, dass Nilüfers Bürgermeister Mustafa Bozbey nicht nur die LGBT-Quote auf den Weg gebracht habe, sondern im Sommer bereits Unisex-Toiletten eingeführt habe.
JOURNALIST WARNT VOR RADIKALISIERUNG:
Erdogan Reaktion 4
Journalist Shaheem weist auf die Intensivierung von Anti-LGBTIQ*-Polemik in der Türkei hin, indem er auf frühere Verbote des Istanbul Gay Pride eingeht: „Ich meine, in Istanbul Pride-Paraden zu verbieten ist eine Sache, aber eine sexuelle Orientierung als Angriff auf die Werte einer Nation zu bezeichnen, ist noch mal was anderes.“
MENSCHENRECHTLERIN SIEHT LGBTIQ* IN DER TÜRKEI UNTER BESCHUSS:
Erdogan Reaktion 3
Menschenrechtsaktivistin Linda Hemby warnt: „Erdoğan nimmt ‚Gay-Quote‘ in Lokalkomitee ins Visier.“
FOTOGRAF WEIST AUF PARTEIINTERNE KONSEQUENZEN HIN:
Erdogan Reaktion 5
Fotojournalist Yusuf Sayman fragt sich, was die Rede wohl für die Mitglieder von Erdoğans AKP (Adalet ve Kalkınma Partisi / Partei für Gerechtigkeit und Aufschwung) bedeutet: „Es gab mal eine Gruppe, die sich AK LGBT nannte. Ich denke, spätestens jetzt sind sie keine AK mehr.“
„LESBIAN GEEK“ ZAHLT MIT GLEICHER MÜNZE ZURÜCK:
Erdogan Reaktion 6
„Lesbian Geek“ DJ Funky Grrl verunglimpft zurück, indem sie Erdoğan als „Diktator“ bezeichnet.