Das Markforschungsunternehmen Ipsos hat passend zur anlaufenden CSD-Saison mit der Ipsos Global Advisor-Studie „LGBTIQ* Pride 2024” ein großes und in weiten Teilen der Welt, darunter auch Deutschland, repräsentatives Zahlenwerk für die aktuelle Lebenssituation von Queers vorgelegt. Auch wenn viele der Ergebnisse in Deutschland gegenüber der letzten Bestandsaufnahme von 2021 Verbesserungen zeigen, gibt es auch Grund zur Beunruhigung.
Drei von vier Deutschen für Antidiskriminierung und gleiche Rechte
73 Prozent der Deutschen sind der Meinung, dass lesbische, schwule oder bisexuelle Menschen vor Diskriminierung geschützt werden sollten. Bei trans Personen stimmen sieben von zehn Befragten (70 %) der Aussage zu. Etwa ebenso viele (71 %) befürworten, dass gleichgeschlechtliche Paare legal heiraten dürfen – drei Prozentpunkte mehr im Vergleich zum Jahr 2021. Nur 8 Prozent sprechen sich gegen jede Form der rechtlichen Anerkennung aus. Ähnlich sieht es beim Adoptionsrecht für gleichgeschlechtliche Paare aus: Drei Viertel (73 %) der Deutschen finden, dass Homosexuelle bei der Adoption von Kindern die gleichen Rechte haben sollten wie heterosexuelle Paare – vier Prozentpunkte mehr als noch vor drei Jahren.
Ein Fünftel (20 %) der Deutschen lehnt ein Adoptionsrecht für gleichgeschlechtliche Paare ab.
Neben Frankreich und Polen gehört Deutschland damit zu den wenigen Ländern, in denen sich die Akzeptanz queerer Lebensweisen in den letzten drei Jahren in mehreren Bereichen leicht positiv entwickelt hat. Sobald es um konkrete Maßnahmen geht, reagieren viele Bundesbürger allerdings nach wie vor verhalten. Nur knapp die Hälfte der Deutschen (47 %, -3 im Vgl. zu 2021) unterstützt Gesetze, die die Diskriminierung von LGBTIQ*-Personen verbieten. Und lediglich 29 Prozent haben sich schon mal aktiv gegen eine Person ausgesprochen, die Vorurteile gegenüber queeren Menschen hatte.
Buntes Deutschland: Zwölf Prozent identifizieren sich als LGBTIQ*
![Ipsos-Grafik_LGBT-Pride_Buntes-Deutschland.jpg Ipsos-Grafik_LGBT-Pride_Buntes-Deutschland.jpg](https://www.maenner.media/downloads/95236/download/Ipsos-Grafik_LGBT-Pride_Buntes-Deutschland.jpg?cb=08ee36211a6ab3230d1e908bb7c0db9b&w={width}&h={height})
Grafik: Ipsos
In Deutschland liegt der Anteil von Queers in der Gesamtbevölkerung bei 12 Prozent. 5 Prozent fühlen sich zum selben Geschlecht hingezogen, weitere vier Prozent sind laut eigener Aussage bisexuell. Jeweils ein Prozent der Bevölkerung definiert sich selbst als pan- oder omnisexuell bzw. als asexuell. Ebenfalls ein Prozent der Deutschen gibt an, sich nicht als männlich oder weiblich, sondern als transgender, nicht-binär oder genderfluid zu identifizieren.
Der größte LGBTIQ*-Anteil findet sich in den Niederlanden (17 %), Thailand (15 %) und Brasilien (14 %). In Japan, Peru, Südafrika, Südkorea und Ungarn (je 5 %) ordnen sich die wenigsten Menschen der queeren Community zu.
Wertvorstellungen von jungen Frauen und Männern driften auseinander
Neben großen geografischen Unterschieden fallen auch Differenzen im Antwortverhalten zwischen Frauen und Männern bzw. jungen und älteren Befragten auf. Weltweit sinkt die Akzeptanz für die LGBTIQ*-Community vor allem bei jüngeren Männern. Insbesondere bei der Generation Z (1996 – 2012) streben die Wertvorstellungen zwischen den Geschlechtern zunehmend auseinander. Während bei jungen Frauen die Toleranz und Offenheit gegenüber queeren Menschen stetig zunimmt, werden LGBTIQ*-Rechte von den männlichen Gen Zlern deutlich seltener befürwortet – auch im direkten Generationenvergleich mit männlichen Millennials (1980 – 1995).
![ipsos-2024-genz.png ipsos-2024-genz.png](https://www.maenner.media/downloads/95237/download/ipsos-2024-genz.png?cb=ea9ca04eab45e8b1d872ec50727a9319&w={width}&h={height})
Grafik: Ipsos
Ein Beispiel: Weltweit unterstützen mehr als die Hälfte (54 %) der weiblichen Befragten der Gen Z, wenn queere Personen in der Öffentlichkeit Zuneigung zeigen. Bei den männlichen Gen Zlern gibt dies nur etwa jeder Dritte an (36 %) – ein Abstand von 18 Prozentpunkten. In Deutschland sind die Unterschiede zum Teil noch gravierender: Hierzulande unterstützen zwei von drei jungen Frauen (65 %) der Gen Z queere Zuneigung in der Öffentlichkeit. Bei den jungen Männern in Deutschland liegt der Wert lediglich bei 30 Prozent.
Weltweit starker Gegenwind für queere Menschen
In einer Vielzahl der untersuchten Länder ist die Stimmung gegenüber der LGBTQIA+-Community in den letzten Jahren ins Negative umgeschlagen. Nur noch jeder zweite Befragte weltweit (50 %) unterstützt LGBTQIA+-Personen, die offen mit ihrer sexuellen Orientierung oder Geschlechtsidentität umgehen – 5 Prozentpunkte weniger als 2021. Am größten ist die Akzeptanz für offen gelebte Queerness derzeit in Spanien und Thailand (je 68 %), am niedrigsten in Südkorea (26 %) und der Türkei (21 %). In Deutschland wird der offene Umgang mit der sexuellen Orientierung oder Geschlechtsidentität von 47 Prozent der Befragten unterstützt (+1 seit 2021), 13 Prozent sprechen sich dagegen aus.
Ähnlich sieht es bei der Frage nach Antidiskriminierungsgesetzen zum Schutz von queeren Menschen aus: Global gesehen werden solche Gesetze nur noch von 53 Prozent (-4) der Befragten befürwortet. In den Niederlanden (-11), Japan (-10) und den USA (-9) sind die Verluste weltweit am größten. *ipsos/ck