Wohl eines der überraschenden Comebacks der Theaterwelt in diesem Jahr. Das bis 2007 äußerst beliebte Duo Bo Doerek (Hubertus Borck und Alexandra Doerk) kehrt auf die Bühne zurück. Für nur drei exklusive Termine. Hubertus schnackte mit uns.
Foto: Katja Zimmermann
Bo Doerek
Mit 40 war Schluss – mit 50 seid ihr wieder zurück. Warum tut man sich das an?
Man geht eine Nacht saufen und fällt sich in einer Cocktailbar im Hamburger Univiertel mit einer 100-Euro-Rechnung in der Tasche in die Arme und sagt: „Ja, machen wir.“ Wir haben uns relativ wenig gesehen in den zehn Jahren, Alexandra ist auf den letzten Drücker Mutter geworden. Sie rief mich mit 42 an und sagte nur „Hilfe, ich gehöre jetzt zu den Frauen, über die ich früher auf der Bühne Witze für Geld gemacht habe.“ Immer wenn wir uns gesehen haben, haben wir für uns gemerkt, dass die Entscheidung Bo Doerek zu beenden richtig war. Aber wie das so ist, sucht man ja dann doch irgendwie immer nach Gründen für ein Jubiläum: Wir feiern unsere Trennung vor 10 Jahren.
Worum wird es gehen? Ihr habt euch eine kleine Fake-Story ausgedacht, warum ihr dringend wieder auf die Bühne müsst ...
Wieso Fake-Story?
Also brauchst du wirklich Geld und Alexandra ...
... hat drei Kinder, nicht eins. Unsere Bühnenfiguren waren immer schon sowas von fiktiv. Ich war die promiskuitive Schlampe und die Kollegin die spießige Singlefrau.
In Wirklichkeit war es umgekehrt?
Nee. Überhaupt nicht. (lacht) Alex ist mit ihrem Freund 27 Jahre zusammen und ich mit meinem 33 Jahre. Also das, was wir auf der Bühne abgezogen haben, hat wirklich gar nichts mit unserem echten Leben zu tun. Vor zehn Jahren hatten wir das Gefühl, dass der Knochen genagt war – ich war der, der alles gepoppt hat, was nicht bei drei auf den Bäumen war und Alex hat das aus der konservativen Sicht eines alleinlebenden Durchschnittsbürgers heraus spitz kommentiert. Wir hatten irgendwann jedes Thema durch. Aber gesellschaftspolitisch ist in unserem Land leider soviel passiert und auch soviel in eine falsche Richtung, wie ich finde. Da drängt es sich auf, noch mal tätig zu werden.
Was meinst du?
Wenn man mit Freunden zusammen sitzt und es kommt zufällig eine Diskussion auf, wo der eine sagt „oh, mein Ausweis ist abgelaufen – das muss ich mal ganz schnell neu machen lassen“ und jemand anderes am Tisch, den man für einen Bekannten hält, sagt dann „mach dir mal keinen Stress, jeder Flüchtling wirft ja seine Papiere weg“, dann denkt man schon: Moment. Auch, dass die AfD so einen Schub bekommen hat – angeführt von einer Lesbe. Also, dass Alice Weidel Co-Vorsitzende der Bundestagsfraktion der AfD geworden ist, ist ein bisschen so, als würde ne deutsche Zuchtsau beim Schlachter an der Theke arbeiten. Ein Unding. Und das gehört kommentiert, auf eine Art, wie wir das früher gemacht haben.
Wart ihr früher denn unpolitisch?
Ich dachte immer wir waren eine Commedytruppe. Ich bin auch niemand, der sich ständig umdreht. Was ich gemacht habe, liegt hinter mir. Im Zuge dieser Produktion habe ich aber alte Nummern von uns angeschaut und festgestellt, dass wir doch auf eine Art politisch waren. Trotzdem ist das Programm kein politisches Kabarett. Es geht nicht nur um die AfD. Es geht zum Beispiel auch darum, als schwuler Mann 50 zu sein und wie es als heterosexuelle Frau ist, Mutter zu sein. Und es ist selbstverständlich eine Musikshow.
Und wie ist es, alt zu werden?
Ich wurde bei PlanetRomeo angeschrieben. Von einem Anfang-20-Jährigen. Der fragt mich einfach so, ob ich Schauspieler sei. Meine Antwort: Selbst wenn ich es wäre, wärst du zu jung, um es zu wissen. Da antwortet der doch echt: „Hab ich es doch gewusst. Meine Mutter hat ne CD von dir.“ DAS tut weh. Ich sage es dir (lacht). Ich stehe auf Männer in meinem Alter oder älter und jetzt laufen mir diese Kinder hinterher, wo ich mir denke: Mach doch erstmal eine anständige Berufsausbildung! Spaß beiseite: Es läuft alles etwas langsamer als früher und manchmal muss man halt um vier Uhr in der Nacht raus, aber alles in allem liebe ich mein Leben wie es ist.
Foto: Katja Zimmermann
Bo Doerek
Bo Doerek mit Börek? Nein. Döner macht schöner.
Was dürfen wir an Liedern erwarten?
Es gibt zum Beispiel einen Song, der es vor zwanzig Jahren nicht in unser Programm „Germany 12 points“ geschafft hat. Insgesamt eine Mischung aus vertonten Texten von uns und einmal rauf und runter durch die Populärmusik. Ein sehr schönes Lied handelt von Vergesslichkeit, Demenz – ein Thema, das jetzt auch näher an unserem Leben dran ist, als vor zehn Jahren. Der Text ist von mir, die Komposition von der wunderbaren Regy Clasen.
Wer dieses Interview liest, hat eigentlich kaum noch eine Chance Karten zu bekommen im Schmidt Theater. Können wir auf weitere Termine hoffen?
Für alle, die keine Karten bekommen haben, ist Lutterbeck vielleicht eine Reise wert. Ein kleines Dorf in der Nähe von Kiel. Da gibt es am 21. Oktober eine Vorpremiere im Lutterbecker. Diese Kleinkunstbühne war jahrelang unser Wohnzimmer für Probeaufführungen und wir freuen uns riesig, dass wir dort noch einmal einkehren werden.
Und danach?
Das kann ich dir sagen: Wir haben eine Menge Gastspielanfragen abgesagt. Wir ziehen das durch. „Hello again“ bleibt ein kurzes Hallo. Alexandra geht mit ihrer Familie auf Weltreise und ich gehe in meinen Autoren-Job zurück. Das, was Alex und ich in den letzten zehn Jahren jeder für sich im Leben gemacht hat ist so, dass wir dahin zurück wollen. Wir freuen uns zwar irsinnig über die erneute Zusammenarbeit nach 10 Jahren und uns kommen auf den Proben nicht nur vor Lachen die Tränen - aber: Wir freuen uns genauso darauf, wieder in unser aktuelles Leben zurückzukehren. Vielleicht werde ich in Zukunft wieder mehr als Autor fürs Theater arbeiten, nachdem ich in den letzten 10 Jahren für fast jede tägliche Serie in Deutschland geschrieben habe, von Rote Rosen bis GZSZ. Ich selber muss aber nicht mehr als die Kulturnutte da raus auf die Bühne. (lacht)
*Interview: Christian Knuth
21.10., Lutterbecker, Dorfstraße 11, Lutterbeck, Karten nur nach telefonischer Reservierung, www.lutterbeker.de
29. + 30.10., Schmidt Theater, Spielbudenplatz, Hamburg, www.tivoli.de