Sie ist immer noch erst 22, stammt von der Ferieninsel Nantucket und gewann vor allem dank ihrem Doo-Wop-Superhits „All About That Bass“ in diesem Jahr den Grammy als „beste neue Künstlerin“. Für ihr zweites Album „Thank You“ hat sich Meghan Trainor jetzt einen ganz anderen, moderneren Sound überlegt: „Better“ ist eine lässige Reggae-Ballade, „Watch Me Do“ erinnert an „Uptown Funk“ von Mark Ronson und Bruno Mars, „I Love Me“ könnte auch von der 90s-Girlband TLC sein, und die neue Single „No“ ist so cool und souverän lässig wie „Independant Woman“ von Destiny’s Child. Wir sprachen mit Meghan, die im Interview ausgesprochen extrovertiert, forsch und auf so eine amerikanische Art schnell vertraulich wird oder zumindest vertraulich zu werden scheint, im Londoner Büro ihrer Plattenfirma.
MEGHAN, „NO“ IST EINE KESSE MACH-MICH-NICHT-DUMM-AN-HYMNE. WAS MUSS DENN PASSIEREN, DASS DU „YES“ SAGST, WENN EIN TYP DICH ANSPRICHT?
Der Typ muss heiß sein! Außerdem freundlich, nett und witzig. Was das Aussehen angeht, bin ich nicht festgelegt. Ich mag die Männer eigentlich alle, so wählerisch bin ich nicht. Nur: Es gibt ein riesengroßes Problem.
WELCHES?
Die Männer fürchten sich vor mir. Wirklich. Niemand spricht mich an, es ist tatsächlich zum Verzweifeln. Irgendetwas habe ich an mir, das die Jungs echt abschreckt.
WAS KÖNNTE DAS SEIN?
Frage ich mich auch. Vielleicht bin ich denen zu forsch, zu wenig schüchtern. Ich bin die Sorte Frau, die gleich beim ersten Date alle ihre Geheimnisse ausplaudert, selbst die echt üblen und allerpeinlichsten. Wenn ich denn ein Date hätte. Mein Liebesleben ist wirklich traurig, ich müsste dringend mal wieder mit einem Mann ausgehen.
TINDER?
Nix für mich. Echt nicht! Ich setzte auf Geduld und auf meine Überzeugung, eines Tages den Richtigen zu treffen. Ich bin kein Fan von solchen schnellen Abenteuern. Ich hatte nicht viele Freunde bis jetzt. Einfach schnell Sex zu haben und dann wieder seiner Wege zu gehen, das ist nicht meine bevorzugte Form der Romantik.
WIE VERBRINGST DU DANN DEINE FREIEN TAGE?
Freie Tage? Die sind verdammt selten geworden. Wenn ich Zeit habe, gammele ich total. Ich sitze dann in so einem Ganzkörperschlafanzug mit meiner besten Freundin Jojo, die auch meine Assistentin ist und mit meinen zwei Brüdern und mir zusammenwohnt, auf dem Sofa, stopfe Käse in mich rein und gucke Mädchenfilme. Wir haben wirklich viel Spaß zusammen. Und mein kleines, drei Pfund leichtes Hündchen Biggy ist natürlich noch dabei.
IST „NO“ EIN FEMINISTISCHER SONG?
Logisch. Ich will mit dem Lied der ganzen Welt sagen, dass es erstrebenswert ist, selbstbewusst, stark und niemals unterwürfig zu sein. Das ist keine neue Botschaft, und ich habe sie auch nicht erfunden. Trotzdem muss man Frauen immer wieder daran erinnern, wie stark sie wirklich sind.
DU BIST ERST 22. WARST DU SCHON IMMER SO EINE STARKE PERSON?
Nein. Als Teenager war ich total gehemmt. Ich dachte, ich bin zu fett, und manchmal bekam ich das an der Schule auch gesagt. Die Frauen in den Modemagazinen zu sehen, das hat mich fertiggemacht. Ich habe mich immer gefragt, wie diese Mädchen es schaffen, so perfekt auszusehen. Inzwischen bin ich stolz auf meinen Körper. Ich habe gelernt und erfahren, wie schön ich wirklich bin. Früher hatte ich ja nie ein Fotoshooting oder einen Videodreh. Ich habe durch meinen Job gelernt, mich selbst anders zu sehen, positiver.
HAST DU DIR GEDACHT „DEN LEUTEN ZEIGE ICH ES UND WERDE EIN POPSTAR“?
Den Traum hatte ich sehr lange. Ich war ja erst das Mädchen aus der zweiten Reihe, eine Songschreiberin für andere. Dann schrieb ich „All About That Bass“. Ich hätte nie gedacht, dass der Song so explodiert und dass er so vielen anderen Menschen hilft, sich zu akzeptieren und sich ebenfalls wohl in ihrem Körper zu fühlen. Darauf bin ich extrem stolz.
EINES DER NEUEN LIEDER HEISST „I LOVE ME“. IST SELBSTLIEBE WICHTIG?
Selbstliebe ist der Schlüssel zu Glück und Zufriedenheit. Bei mir hat es lange daran gehapert. Der Erfolg von „Bass“ war der Turbo, den ich brauchte, um mir selbst zu vertrauen. Ich bin heute viel, viel glücklicher als noch zu Schulzeiten.
HAST DU EIN LIEBLINGSLIED AUF DEM „THANK YOU“-ALBUM?
„Just a Friend to You“. Das ist ein sehr ehrlicher Song, auf dem ich Ukulele spiele und der davon handelt, wie ich mich mal in meinen besten Freund verliebt habe. Ganz schlechte Idee. Er hat übrigens nie etwas davon mitgekriegt, bis ich ihm jetzt alles erzählt habe. War wirklich rührend, wie süß er reagiert hat. Natürlich teilte er meine Gefühle nicht mal ansatzweise.
DAS NEUE ALBUM KLINGT GANZ ANDERS ALS DEIN ERSTES. DU MACHST KAUM NOCH DOO WOP UND RETRO-MUSIK, SONDERN COOLEN R ’N’ B UND POP, DER AN DIE NEUNZIGER ERINNERT. WIE KOMMT’S?
Ich kann zwanzig weitere Doo-Wop-Songs im Schlaf schreiben, aber das wäre doch langweilig. Ich wollte etwas ganz anderes machen, nämlich die Sorte von Musik, die ich im Moment im Radio vermisse: solche Nummern wie sie Destiny’s Child, Britney oder NSYNC früher gemacht haben. NSYNC war meine Lieblingsband, als ich ein Kind war.
WER WAR DEIN LIEBLING BEI NSYNC?
Was für eine Frage. (lacht) Justin Timberlake natürlich!
•Interview: Steffen Rüth