Neukölln ist ja bekanntlich in, die Bronx von Berlin ist Trendbezirk. Da liegt doch die Idee nahe, aus einem wunderschönen Altbau im Kiez ein Hostel zu machen. Mit Hinterhofhumor und ungebremster Spielfreude erfahren wir durch Ades Zabel alias Edith Schröder, dass es gar nicht so einfach ist, eine lukrative Herberge an der Hermannstraße zu führen, obwohl sie doch trickreich in LINIE 8 zur Hausbesitzerin wurde. Raus aus der Nogatstraße, auf zur Shoppingmeile Neuköllns an die Herrmannstraße. So der Plan. Aber falsch gedacht. Wie gut, dass es Freunde gibt, die in der Not helfen können. Doch Jutta, Besitzerin einer Eckkneipe, Hobby-Schlampe Brigitte und Teilzeit-Muslima Hatice sind gar nicht begeistert von Ediths Businessplan und Lebenswandel. Deshalb machen sie erst mal einen Kurzurlaub auf einer Stutenmilchfarm in der Uckermark und lassen die arme Edith im Hipster-Kiez zurück. Aber die schlägt sich alleine durch ...
IM STÜCK GEHT ES UMS ÜBERLEBEN UND UM FREUNDSCHAFT. IST HOSTEL HERMANNSTRASSE DENN AUCH EINE GENTRIFIZIERUNGSPARODIE?
Parodie immer. Gentrifizierung ist natürlich mit dabei, aber eigentlich geht das Stück um Freundschaft und das zwischenmenschliche Miteinander.
WORAN LIEGT FÜR DICH DER REIZ AN SOLCHEN MILIEUSTUDIEN?
Ich beobachte gerne und setze das dann augenzwinkernd um. Gerade eben stand eine Frau beim Zigarettenkauf neben mir, die hätte auch in Juttas Kneipe gepasst. Fortgeschrittenes Alter, schwarze Leggins, schwarze Haare und schwarzer Kajal. Das macht mir Spaß.
DU ARBEITEST SCHON LANGE MIT DEINEN KOLLEGEN, ETWA BIGGY, ZUSAMMEN. MACHT ES DAS PROBEN UND AUFFÜHREN EINFACHER?
Manchmal auch schwieriger. Aber wir haben da einen guten Weg gefunden. Unser Regisseur Bernd Mottl schleift uns da ganz schön. Wir können aber immer sagen, wenn es uns nicht passt. Das können die beim Staatstheater, wo er sonst arbeitet, nicht. Er tut uns gut!
EUER HUMOR IST SO GANZ UND GAR NICHT POLITICALLY CORRECT. ECKT IHR DAMIT OFT AN? GAB ES AUCH SCHON WÜTENDE REAKTIONEN?
Nein, wir verarschen ja nicht. Im Publikum haben wir alle Arten von Mensch, auch richtige Prolls (lacht). Aber wie gesagt, wie führen nicht vor, wir parodieren liebevoll.
SCHMERZT ES, WENN DU SIEHST, DASS CINDY AUS MARZAHN MIT JEDER MENGE EDITH-IDEEN IM TV SO ABRÄUMT? ODER ARBEITET IHR GAR HEIMLICH ZUSAMMEN?
Anfangs habe ich ja kurz mit ihr zusammengearbeitet. Dann hörte man nichts mehr voneinander und plötzlich sehe ich meine Witze im Fernsehen von ihr. Da war ich schon sauer. Sie klaute ja nicht nur bei mir. Aber bei 20 JAHRE QUATSCH COMEDY CLUB bedankte sie sich auf der Bühne bei mir. Das hat mich sehr gefreut und befriedet (grinst). Sonst hätte ich aber auch etwas gesagt. Ich saß als Edith im Publikum, genug Kameras waren da! (lacht)
HAND AUFS HERZ, FREUT ES DICH, DASS NEUKÖLLN JETZT SO ANGESAGT IST?
Das ist irgendwie absurd. Ein Sommerspaziergang in der Weserstraße ist heute so anders, als noch vor vier Jahren. Dass Neukölln in ist, ging so schnell. Jetzt sitzt man da AUF der Straße und feiert, wo vorher niemand wohnen wollte. Ärgerlich ist die Mietexplosion. Alteingesessene werden langsam verdrängt. Das darf nicht sein.
WO IST DEIN LIEBLINGSORT IN NEUKÖLLN?
Der Körnerpark. Der fällst so raus aus dem Viertel. Er passt so gar nicht richtig hin, ist aber wirklich schön! Vor allem der Brunnen, der einmal die Stunde angeht. Der Park ist ein Kleinod.
*Interview: Michael Rädel
HOSTEL HERMANNSTRASSE, BKA THEATER, MEHRINGDAMM 34, U MEHRINGDAMM, BIS 13.9. AN DIVERSEN SPIELTERMINEN, WWW.BKA-THEATER.DE