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Foto: Suzy Hazelwood, pexels.com
„Gedenkkultur“
Alle Verfolgtengruppen des Nationalsozialismus sind davon überzeugt, dass für den Erhalt der liberalen Demokratie in Deutschland eine lebendige Erinnerungskultur absolut notwendig ist. Ob und wie die Erinnerungs- und Gedenkkultur gestaltet wird, ist indes weder gesichert noch selbstverständlich.
Ein Kritikpunkt: Die Erinnerungskultur konzentriere sich ausschließlich auf das Gedenken von NS-Opfern, nicht aber auf die Nachkriegszeit, in der sich für viele Opfergruppen die Verfolgung fortsetzte, da viele ehemalige NS-Personen in Justiz, Verwaltung und Gesellschaft weiterhin tätig waren.
„Es gab keine Stunde Null“, sagt Joachim Schulte, Sprecher von QueerNet RLP, dem Netzwerk queerer Vereine und Initiativen in Rheinland-Pfalz, im Rahmen einer Diskussionsrunde am 24. Januar in der Synagoge Trier. „Wir stellen eine Kontinuität der Verfolgung in der Bundesrepublik fest, bei queeren Menschen nach dem §175 in der von der NS-Diktatur verschärften Fassung – teilweise verurteilt von denselben Richtern“. Von daher sei auch die Behauptung, dass die Zeitzeug*innen aussterben, falsch. „Verfolgtenverbände kennen die Kontinuität“, erklärt Schulte.
Mit Sorge beobachte man außerdem die Entwicklung, dass Vertretungen der Verfolgtenorganisationen von den Initiativen, die sich der Gedenk- und Erinnerungskultur widmen, ausgeschlossen werden. Beispiele gäbe es viele: Zum Beispiel bei der offiziellen Gedenkstätte der Landeshauptstadt Mainz, dem „Haus des Erinnerns für Demokratie und Akzeptanz“, in dessen Entscheidungsgremium außer Vertretern der jüdischen Gemeinde seit fünf Jahren keine Abordnungen anderer Opfergruppenvereine vertreten sind und auf Antrag auch regelmäßig abgelehnt werden. „Jegliche Form Exklusion lässt Zweifel aufkommen, ob die richtigen Lehren aus der NS-Zeit und Nachkriegszeit verstanden wurden“, kritisiert QueerNet RLP in einer Mitteilung vom Dezember 2023.
Die Exklusion stelle darüber hinaus „die Glaubwürdigkeit jedes erinnerungspolitischen Engagements in Frage“. „Wir sehen die Wiederholung der Situation der 1980er Jahre, wo die Stimmen der nicht-jüdischen Verfolgten nicht sichtbar waren, verschwiegen wurden und erst durch die Organisation der Sinti und Roma oder queere Organisationen in öffentlichkeitswirksamen Aktionen Aufmerksamkeit erlangten“, heißt es weiter in der Erklärung vom QueerNet RLP. „QueerNet RLP setzt sich in Rheinland-Pfalz zusammen mit anderen Verfolgtenorganisationen dafür ein, dass ihre Stimme Gehör findet. Der Schritt nun in die Öffentlichkeit zu gehen und auch aus der ‚Landesarbeitsgemeinschaft Gedenken und Erinnern‘ auszutreten, ist dem geschuldet, dass etliche Gespräche, die wir bereits geführt haben und zu denen wir auch in Zukunft bereit sind, bislang ins Leere liefen. Wir wünschen uns einen Dialog auf Augenhöhe, bei dem der Bedarf einer gleichberechtigten Beteiligung von Verfolgtenorganisationen in den Strukturen der Erinnerungskultur erkannt und gemeinsam umgesetzt werden“.
Am 8. Februar laden QueerNet RLP, die Jüdische Kultusgemeinde Mainz-Rheinhessen, die „Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten“ Kreisvereinigung Mainz sowie der Landesverband deutscher Sinti und Roma zu einer gemeinsamen Diskussionsrunde zum Thema in die Neue Synagoge Mainz. Auf dem Podium sprechen neben Joachim Schulte von QueerNet RLP auch Peter Waldmann, stellvertretender Vorsitzender der Jüdische Kultusgemeinde Mainz-Rheinhessen, Jaques Delfeld Jr., Geschäftsführer des Landesverbands deutscher Sinti und Roma sowie Anne Waninger von der VVN-BdA Kreisvereinigung Mainz.
8.2., Neue Synagoge, Synagogenplatz, Mainz, 19 Uhr, um Anmeldung über ZukunftErinnerung@queernet-rlp.de wird gebeten, mehr Infos zum Thema über queernet-rlp.de