Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu hatte oft bekundet, der Trans*-Community helfen zu wollen, getan hatte sich jahrelang aber kaum etwas. Doch seit einigen Monaten, so scheint es, werden die Probleme ernsthaft angegangen.
Am 12. Oktober kündigten Israels Justizminister Avi Nissenkorn und Wohlfahrtsminister Itzik Shmuli an, ein Regierungskomitee zur Unterstützung der israelischen Transgender-Gemeinschaft zu bilden.
Avi Nissenkorn sagte, bislang sei es so gewesen, dass „die Transgender-Gemeinschaft bei Begegnungen mit staatlichen Behörden auf unnötige Probleme stößt“. Doch die Regierung sei verpflichtet,
„jedem Menschen zu erlauben, sein Leben nach eigener Wahl und auf einfache, zugängliche und gleichberechtigte Weise zu leben“.
Auch Wohlfahrtsminister Itzik Shmuli begrüßte den Schritt. Er sagte:
„Der Staat Israel macht einen weiteren bedeutenden Schritt in Richtung eines Ortes, an dem sich alle israelischen Bürger vor den Behörden gleich fühlen werden.“
Unter der Leitung der stellvertretenden Generalstaatsanwältin Dina Zilber und der stellvertretenden Generaldirektorin des Ministeriums für Wohlfahrt und Soziale Dienste, Avi Mutula, soll ein interministerielles Team aus den Ressorts Justiz, Gesundheit, Wohlfahrt und Bildung gebildet werden. In den nächsten vier Monaten wird dieses Team laut Haaretz mit Organisationen wie dem Gilo-Projekt, Brit Haleviot, Trans Israel und der LGBT-Task Force Aguda - Israel die Probleme und Hindernisse identifizieren, mit denen die Transgender-Gemeinschaft im Umgang mit Behörden und Ministerien konfrontiert ist. Auf dieser Grundlage sollen dem Kabinett Empfehlungen und Vorschläge gemacht werden, die das tägliche Leben für Transgender-Menschen einfacher machen.
Die Situation für Trans* in Israel ist gut dokumentiert ...
Seit Jahren kämpfen israelische Menschenrechtsorganisationen für eine Verbesserung ihrer Rechte. Das ist auch dringend nötig, wie eine 2015 veröffentlichte Studie belegt. Darin gaben 70 Prozent der Transgender-Männer und 76 Prozent der Transgender-Frauen an, wegen ihrer Geschlechtsidentität beschimpft worden zu sein, etwa die Hälfte (48 Prozent der Männer und 55 Prozent der Frauen) war aufgrund dessen Opfer von körperlicher Gewalt und Missbrauch geworden.
Foto: Flickr User Ted Eytan / CC BY 2.0
Trans Pride
Auch die Situation am Arbeitsplatz war alles andere als rosig: 68 Prozent der Transgender-Mitarbeiter*innen machten Diskriminierungserfahrungen am Arbeitsplatz, 24 Prozent erlebten in ihrem Berufsumfeld sogar körperliche Gewalt.
... und war lange schlecht.
Noch bis 2015 war die Änderung von Ausweisdokumenten in Israel erst nach einer geschlechtsangleichenden Operation erlaubt. Die World Professional Association for Transgender Health, eine Berufsorganisation, die sich dem besseren Verständnis und der Behandlung von Geschlechtsdysphorien widmet, erklärte, dass die körperliche und geistige Gesundheit einer Person durch Erschwernisse bei der Anerkennung der Geschlechtsidentität extrem leiden kann. Die 2015 durchgeführte Studie kam zu dem Ergebnis, dass 41 Prozent der israelischen Trans*bevölkerung bereits einmal in ihrem Leben einen Selbstmordversuch unternommen hatte.
Erst nach einer Petition von Transgender-Frauen an den High Court of Justice richtete der Staat ein Komitee ein, um die Sachlage zu prüfen. 2015 trat die neue Regel schließlich in Kraft.
Die Mühlen der Justiz mahlen langsam
Fünf Jahre später verabschiedete das Justizministerium neue Regeln: Seit Februar 2020 dürfen Änderungen des Geschlechtseintrags in Ausweisdokumenten bereits nach einer Wartezeit von sechs Monaten statt wie bisher zwei Jahren beantragt werden – auch ohne sich geschlechtsangleichenden Operationen unterzogen zu haben.
Während dieser Zeit müssen Transgender-Personen allerdings nachweisen, dass sie mit einer anderen Geschlechtsidentität leben, außerdem muss das Gesundheitsministerium die Änderung erst genehmigen. Aktuell ist es noch so, dass Transgender-Personen, um diese Genehmigung zu erhalten, bereits mit einer Hormonersatztherapie begonnen haben müssen.
Die neuen Regeln beenden „sicherlich nicht die Schwierigkeiten, mit denen Transgender in Israel konfrontiert sind“, schrieb die stellvertretende Generalstaatsanwältin Dina Zilber bei Einführung der neuen Regelungen. Sie hoffe jedoch,
„dass diese Veränderungen vielen Transgender-Menschen das Leben erleichtern, indem sie unnötige Hindernisse aus ihrem Weg räumen und damit dazu beitragen, die Menschenrechte in Israel in einer wichtigen Frage der Menschenwürde zu schützen.“
Israelischen LGBTIQ*-Organisationen gingen die Entscheidungen im Februar nicht weit genug. Ihre ganze Hoffnung richtet sich nun auf die Arbeit des interministeriellen Teams.