Nicholas Opiyo, einer der bekanntesten Menschenrechtsanwälte Ugandas, wurde unter fadenscheinigen Gründen verhaftet und wegen Geldwäsche angeklagt.
Foto: facebook.com/N.Opiyo101
Nicholas Opiyo (Mitte)
Ugandische Sicherheitsbehörden haben den prominenten Anwalt Nicholas Opiyo am 22. Dezember wegen angeblicher Geldwäsche und „damit verbundener böswilliger Handlungen“ festgenommen. Opiyo soll am 8. Oktober 340.000 US-Dollar vom Konto der von ihm gegründeten Organisation „Chapter Four Uganda“ abgebucht haben, „in dem Wissen, dass es sich bei den genannten Mitteln um Erträge aus Straftaten handelte“.
„Die Untersuchungen kommen gut voran und zu gegebener Zeit werden neue Entwicklungen mitgeteilt. Er bleibt in der Obhut der Abteilung für Sonderermittlungen“, twitterte die ugandische Polizei nach der Verhaftung.
Laut Pressemitteilung von Chapter Four sind die Anschuldigungen frei erfunden. Auch für die Leiterin des ugandischen Büros des International Centre for Transitional Justice, Sarah Kihika Kasande, sind die Vorwürfe der Geldwäsche unbegründet.
„Sie hätten ihn zur Polizei rufen sollen, um eine Erklärung aufzuzeichnen. Stattdessen wurde er gewaltsam festgenommen und ohne Kontakt zur Außenwelt inhaftiert.“
Die erste Anhörung fand am 24. Dezember statt. Der Richter hatte Opiyo eine Freilassung auf Kaution verweigert mit der Begründung, er sei für den Fall nicht zuständig. Die für den 28. Dezember angesetzte Anhörung vor dem Obersten Gericht wurde auf den 11. Januar verschoben. Nicholas Opiyo bleibt bis dahin in Untersuchungshaft.
Opiyo: Anwalt der Menschenrechte
Nicholas Opiyo ist einer der wichtigsten Akteure im Kampf um Menschen- und Bürgerrechte in Uganda. Als Anwalt setzt er sich für die schwächsten und am stärksten marginalisierten Bevölkerungsgruppen ein, meist kostenlos.
Opiyo hat mehrere wichtige Verfassungsklagen eingereicht und gewonnen: die erfolgreiche Anfechtung des Anti-Pornografiegesetzes und der Gesetze über die öffentliche Ordnung, die die Grundrechte einschränken, gehen auf ihn zurück. Außerdem war Opiyo wesentlich an der Konzeption des Gesetzes beteiligt, das Folter in Uganda zur Straftat erklärt.
Ein Interview mit Nicholas Opiyo aus dem Jahr 2013 über das „Kill the Gays“-Gesetz.
Der queeren Community dürfte Nicholas Opiyo hauptsächlich im Zusammenhang mit dem „Uganda Anti-Homosexuality Bill“ ein Begriff sein. Opiyo war maßgeblich an der Abschaffung des 2013 eingeführten umstrittenen Gesetzes beteiligt, das in den westlichen Medien als „Kill the Gays“-Gesetz traurige Berühmtheit erlangte (männer* Hintergrund).
Opiyo klagte gegen das umstrittene Gesetz und erreichte in einem Verfahren vor dem ugandischen Verfassungsgericht dessen Unwirksamkeit. Am 1. August 2014 wurde das Gesetz vom Verfassungsgericht für „null und nichtig“ erklärt (wir berichteten).
Foto: Deutsche Afrika Stiftung / Allianz
Nicholas Opiyo mit Bundespräsident Frank Walter Steinmeier. Opiyo erhielt 2017 den Deutschen Afrika-Preis für sein Engagement für Menschenrechte
Was versteckt sich hinter der Anschuldigung?
Für Julia Sánchez, Generalsekretärin von ActionAid International, passt die Verhaftung „in das Muster eines zunehmenden Vorgehens gegen Andersdenkende und Angriffe auf die Zivilgesellschaft in Uganda durch Agenten des staatlichen Sicherheitsdienstes, da sich das Land der nächsten Parlamentswahl nähert, die am 14. Januar 2021 stattfinden soll.“
Opiyo hatte zuletzt den Präsidentschaftskandidaten Robert Kyagulanyi alias Bobi Wine vertreten. Wine ist einer der größten Popstars Ostafrikas und gilt als stärkster Herausforderer Musevenis bei den Wahlen im nächsten Monat.
Yoweri Museveni ist seit 1986 im Amt. Die Präsidentschaftswahlen im Januar sollen ihm zu seiner sechsten Amtszeit verhelfen. Doch insbesondere die ugandische Jugend sieht in Museveni kaum noch mehr als einen alternden despotischen Führer, der um seine Macht fürchtet. Sie fühlt sich zu Bobi Wine hingezogen. Der Sänger begeistert mit seinen eingängigen Popsongs, in denen er Kritik an der Regierung übt und Jugendliche dazu aufruft, zur Wahl zu gehen. Sein Engagement brachte ihm den Spitznamen „Ghetto President“ ein.
Wine wurde schon mehrfach verhaftet, weil er den Präsidenten „verärgert“ hat. Bei den jüngsten durch eine der unzähligen Verhaftungen des Musikers ausgelösten Protesten im November 2020 sollen mindestens 54 Menschen von Sicherheitskräften getötet worden sein (Quelle).
Zur Festnahme Opiyos twitterte Bobi Wine:
„Unter völliger Missachtung des Gesetzes wurde dem Menschenrechtsanwalt @nickopiyo und seinem Team gestern der Zugang zu Anwälten, Familienmitgliedern und medizinischem Personal verweigert! Nicholasʼ tägliche Arbeit beinhaltet den Versuch, die Freiheit für Aktivisten zu sichern, die unter den Umständen festgehalten werden, unter denen er jetzt festgehalten wird. #FreeNicholasOpiyo.“