Anlässlich des Trans Day of Remembrance (TDoR), der jedes Jahr am 20. November stattfindet, veröffentlichte das Forschungsprojekt „Transrespect versus Transphobia Worldwide“ (TvT) Daten, die vom Trans Murder Monitoring (TMM) über das letzte Jahr über gesammelt wurden.
Grafik: https://tgeu.org/tdor/
Daten des Trans-Murder-Monitoring-Projekts vom 1. Oktober 2019 bis 30. September 2020.
Die Ergebnisse sind besorgniserregend. Zwischen 1. Oktober 2019 und 30. September 2020 wurden 350 transsexuelle und genderqueere Personen ermordet. Das ist ein Anstieg von 6 Prozent gegenüber 2019. Die meisten Morde ereigneten sich in Brasilien (152), Mexiko (57) und den Vereinigten Staaten (28).
Die Daten für das Jahr 2020 zeigen, dass
- von 350 weltweit ermordeten Menschen 98 Prozent Trans*frauen oder Femmes waren,
- 62 Prozent davon als Sexarbeiterinnen gearbeitet haben,
- sich 82 Prozent aller registrierten Morde in Mittel- und Südamerika ereigneten, 43 Prozent davon allein in Brasilien,
- 79 Prozent der 28 in den USA ermordeten Trans*personen schwarz oder PoC waren,
- von den 11 Transsexuelle, die im vergangenen Jahr in Europa ermordet wurden, 50 Prozent Migranten waren,
- 38 Prozent der Morde auf der Straße, 22 Prozent in der eigenen Wohnung des Opfers stattfanden,
- die Ermordeten im Durchschnitt 31 Jahre alt waren, die jüngste Person war zum Zeitpunkt ihrer Ermordung erst 15 Jahre alt.
Besorgniserregender Trend
Seit Beginn der Erfassung im Jahr 2008 stieg die Zahl der registrierten Hassverbrechen an trans* Menschen auf 3.664. Daraus lässt sich ein besorgniserregender Trend eines allmählichen Anstiegs der Morde an trans- und genderdiversen Personen ableiten.
Außerdem sind Zahlen nicht vollständig, da in den meisten Ländern gar keine systematische Datenerhebung durchgeführt wird. Ein Einschätzung der nicht gemeldeten Fälle ist nicht möglich, die Dunkelziffer dürfte allerdings noch viel höher liegen.
Grafik: https://transrespect.org/wp-content/uploads/2020/11/TvT_TMM_TDoR2020_infographics_instagram_EN_01c.png
Kumulierte Daten Januar 2008 bis September 2020.
Mahnwache und Gedenken
Jedes Jahr am 20. November erinnern wir an trans* und genderdiverse Menschen, die in den letzten 12 Monaten als ermordet gemeldet wurden.
Ins Leben gerufen wurde der Transgender Day of Remembrance (TDoR) von der Transgender-Aktivistin Gwendolyn Ann Smith anlässlich des Mordes an Rita Hester, einer Trans*Frau, die 1998 in ihrer Wohnung in Boston erstochen wurde. Der Mord an Rita Hester konnte, wie die meisten Trans*-Morde, bis heute noch nicht aufgeklärt werden.
Foto: Levesc12 - eigene Arbeit / CC BY-SA 4.0 / wikimedia
Foto: Gwendolyn Ann Smith. CC BY-SA 4.0, Link
TDoR-Gründerin Gwendolyn Ann Smith:
„Der Transgender-Tag der Erinnerung möchte die Verluste hervorheben, die wir durch Bigotterie und Gewalt gegen Transgender erleiden. Die Notwendigkeit, für unsere Rechte zu kämpfen, ist mir nicht fremd, und das Recht, einfach zu existieren, steht an erster Stelle. Bei so vielen, die versuchen, Transgender-Menschen auszulöschen – manchmal auf brutalste Weise – ist es von entscheidender Bedeutung, dass diejenigen, die wir verlieren, in Erinnerung bleiben und wir weiterhin für Gerechtigkeit kämpfen.“
Smith gründete das Internet-Projekt „Remembering Our Dead“, aus dem später der internationale Transgender Day of Remembrance hervorging – ein jährlicher Gedenktag, an dem an alle Trans*personen erinnert wird, die ihr Leben im vergangenen Jahr durch Gewalt und Diskriminierung verloren haben. Jedes Jahr am 20. November werden auf der ganzen Welt Mahnwachen abgehalten. Statt bei Kerzenlicht im Freien wird die Mahnwache in diesem Jahr coronabedingt online stattfinden.
Foto: SenJustVA Berlin
tdor2020
Die Trans*-Flagge vor der Senatsverwaltung für Justiz, Verbraucherschutz und Antidiskriminierung in. Berlin.
Am heutigen Gedenktag weht bei uns die Trans*-Flagge, um an die Betroffenen von transfeindlicher Gewalt und Diskriminierung zu erinnern. Wir alle sind aufgefordert, uns Transfeindlichkeit in ihren unterschiedlichen Erscheinungsformen entgegenzustellen. Als Verwaltung nehmen wir diese Verantwortung wahr. Wir stärken Gewaltschutz- und Präventionsmaßnahmen und bauen Beratungs- und Empowermentstrukturen aus. Wir treten ein für eine nachhaltige Aufklärung zu geschlechtlicher Vielfalt. Wir setzen uns ein für eine selbstbestimmungsorientierte Gesetzgebung zur Geschlechtsidentität.
Senator Dr. Dirk Behrendt
Eine Live-Übertragung anlässlich des Transgender Day of Remembrance 2020 der Inclusive Community Church beginnt heute Abend, um 20 Uhr mitteleuropäischer Zeit, auf YouTube. HIER ist der Link.
Auf der Webseite translivesmatter wurde ebenfalls eine Gedenkseite eingerichtet. Die Idee hinter diesem Projekt ist, alle Informationen über verstorbene Trans*-Menschen auf einer Seite zusammenzutragen, damit andere verstehen können, wer diese Menschen waren und was mit ihnen passiert ist.
Weitere Möglichkeiten der Beteiligung im Kampf gegen trans*diskriminierende Gewalt findet ihr HIER.