Die Nachricht schlug am Dienstag ein, wie eine Bombe: Kai und Michael Korok sind Deutschlands erstes schwule Ehepaar, das gemeinschaftlich ein Kind adoptiert hat. (blu berichtete) Wir sprachen mit Michael, dem es als Vorstandsmitglied im LSVD Berlin-Brandenburg nicht nur aus privaten Gründen ein Anliegen war, Rechtssicherheit für seine Familie herzustellen.
Foto: Michael Korok
Michael und Kai Korok
Michael (vorne) und Kai Korok (hinten) im Urlaub mit den Kindern (nicht im Bild).
Welche Probleme hattet ihr vor der Öffnung der Ehe mit dem Wunsch, euer Pflegekind zu adoptieren?
Wir haben die Sukzessivadoption von vornherein ausgeschlossen. Zum einen haben wir es nicht eingesehen, uns auf diesen sehr formellen und zeitlich unklaren Akt einzulassen, zum anderen sind wir als Pflegeeltern ein Paar gewesen, das durch die Pflegschaft bereits eine Rechtssicherheit für das Kind hatte. Wir konnten es so wagen, eine gemeinschaftliche Adoption zu beantragen und sie gegebenenfalls bei Ablehnung auch über mehrere Jahre durch die juristischen Instanzen zu erkämpfen, ohne dass dies Nachteile für das Kind hätte. Das Verfahren lief über ein Jahr, und eigentlich war für August ein Treffen vereinbart, um abzusprechen, wie das Gericht und wir mit dem zu erwartenden negativen Bescheid umgehen wollen: ob wir durch die Instanzen müssen oder ob das Gericht selbst eine Vorlage beim Verfassungsgericht einreicht mit dem Hinweis, dass es die Regelung für nicht verfasssungskonform hält.
Und dann kam Ulli Köppe und hat Frau Merkel diese Frage zur Ehe gestellt ...
Frau Merkel hat uns tatsächlich den Spaß genommen, uns nach Karlsruhe durchzuklagen. Jetzt müssen wir da unseren Urlaub planen, um die Stadt mal zu sehen. (lacht)
Wie kam es zu dieser schnellen positiven Entscheidung?
Wir haben den Termin im August wahrgenommen. Die Richterin hat, weil ja das Gesetz zur Ehe für gleichgeschlechtliche Paare bereits von Bundestag, Bundesrat und Bundespräsident durchgewunken wurde und in zwei Monaten in Kraft treten würde, das Verfahren auf Eis gelegt und uns mitgeteilt, dass sie nur noch auf unsere Eheurkunde warte. In dem Moment, wo die Urkunde einginge, würde sie dann den Beschluss fertigmachen. Wir hatten Glück, dass unsere Standesbeamten im Bezirk ausnahmsweise einen Termin direkt am 2. Oktober vergeben konnten und wir haben an diesem Tag unsere Lebenspartnerschaft in eine Ehe umwandeln können. Ich habe am 4. Oktober die Eheurkunde persönlich abgegeben und nur einen Tag später hat das Gericht den positiven Beschluss über die Adoption gefasst, der dann am 9. Oktober bei uns in der Post war und damit rechtsgültig. Wir haben schon gemerkt, dass alle Beteiligten der Sache sehr wohlwollend gegenüber eingestellt waren und dazu beigetragen haben, dass es so schnell über die Bühne ging.
Ihr seid schon lange Pflegeeltern. Gab es Diskriminierung?
Wir waren in unserem Bezirk Treptow-Köpenick (Berlin) die ersten gleichgeschlechtlichen Pflegeeltern. Wir wurden aber unserer Wahrnehmung nach bei den zuständigen Stellen mit offenen Armen empfangen. Das blieb auch in den ganzen Jahren so. Auch sonst haben wir bisher eigentlich fast gar keine Probleme gehabt. Es gab einen Fall, wo man uns keine Familienkarte verkaufen wollte. Da hieß es, dass man sich eine Familie so nicht vorstelle und das Angebot „dafür“ nicht gedacht sei. Wir lassen aber in solchen Situationen nicht wirklich mit uns diskutieren. Das war eine Sache von einer Minute und dann hatten wir die Karte doch. Wir laden bei solchen Gelegenheiten nicht zu einer Unterhaltung über unseren Familienstatus ein. Wir haben unsererseits eine klare Grundhaltung, die wir wahrscheinlich auch ausstrahlen: Gibt’s nicht! – Interessant sind manchmal die Reaktionen, wenn wir mit unseren Kindern unterwegs sind. Da kann es schon mal vorkommen, dass die Große im Restaurant sagt: „Aber Papi, der Papa hat doch gesagt ...“ Dann funkt es bei den Menschen und sie überlegen und man sieht förmlich die Fragezeichen in den Gesichtern. Meistens wird das schnell ausgeblendet und nicht weiterverarbeitet. Im Umgang mit Menschen, die wissen, dass es unsere gemeinsamen Kinder sind, haben wir tatsächlich nie Diskriminierungserfahrungen.
Wie reagierst du auf Lesben und Schwule, die dein Familienmodell ablehnen. Harald Glööckler zum Beispiel hat sich gegen ein Adoptionsrecht ausgesprochen.
Das ist seine persönliche Meinung. Seine Meinung zeigt aber, dass die „Community“ nicht unbedingt mit einer Stimme spricht. Vielmehr gibt es auch hier eine große Bandbreite, und die unterschiedliche Haltung zu diesem Thema ist eben auch ein Spiegel der Gesellschaft. Hier unterscheiden wir uns nicht von der heterosexuellen Mehrheitsgesellschaft. Gleichwohl sind wir der Meinung, dass die Forderung nach gleichen Rechten eben nicht an irgendeinem Punkt haltmachen darf. Ansonsten ist einer Legitimation für eine weitere Diskriminierung die Tür geöffnet. Warum Herr Glööckler dieses so sieht, das vermag ich nicht zu sagen. Eventuell liegt es auch daran, dass er keine Kinder aufzieht. Kinder bei sich aufwachsen zu sehen, verändert die eigene Sicht auf die Welt. Das ist was Wundervolles. Und ich wünsche jedem, egal ob heterosexuell, lesbisch, schwul oder trans*, dass die Entscheidung, diese Möglichkeit anzustreben, von allen selbst getroffen werden kann – und nicht vom Gesetzgeber unterbunden wird.
*Interview: Christian Knuth