Während eines Karnevalsumzugs im kroatischen Imotski wurde am vergangenen Sonntag eine Regenbogenfamilie aus Pappmaché angezündet und als „Übel des Jahres“ niedergebrannt.
Das Verbrennen von Karnevalsbildnissen, die häufig Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens oder Politiker*innen darstellen, hat satirische Tradition im kroatischen Karneval. In diesem Jahr gingen die Organisator*innen des Umzugs jedoch einen Schritt zu weit: Vor den Augen zahlreicher umherstehender Kinder wurde eine Regenbogenfamilie aus Pappmaché – zwei sich küssende Männer mit Pflegekind im Arm – als „Übel des Jahres“ niedergebrannt.
Der Vorfall ereignete sich wenige Wochen, nachdem das kroatische Verfassungsgericht im Januar dieses Jahres entschieden hat, dass gleichgeschlechtliche Paare das Recht haben, Kinder im Rahmen des Pflegeverfahrens bei sich aufzunehmen. Die Organisator*innen des Karnevals können in ihrem Vorgehen kein Problem erkennen. Sie haben das Bildnis verteidigt und erklärt, sie hätten einfach die Tradition respektiert. „Wir bleiben konservativ und der Tradition verbunden. Ein Kind sollte in der Obhut einer Mutter sein“, sagte einer der Organisatoren gegenüber einem lokalen Medienunternehmen.
Scharfe Kritik aus der Politik
Politiker*innen und Parlamentsabgeordnete haben das Geschehen scharf kritisiert, allen voran Kroatiens Präsident Zoran Milanović. Er verurteilte den Vorfall auf Facebook und bezeichnete ihn als „völlig inakzeptabel“.
„Die symbolische Entzündung gleichgeschlechtlicher Partner mit einem Pflegekind in Imotski ist eine traurige, unmenschliche und völlig inakzeptable Handlung unter dem Deckmantel der Baku-Feierlichkeiten des Karnevals. Die Organisatoren, die die beschämende Veranstaltung unter Bezugnahme auf die Tradition inszeniert haben, verdienen die stärkste Verurteilung der Öffentlichkeit, weil Hass auf andere, Intoleranz und Unmenschlichkeit keine kroatische Tradition sind und sein werden. Ich bitte die zuständigen Institutionen um ihre öffentliche Entschuldigung und Reaktion, zumal viele Kinder das Ereignis beobachteten und so Zeuge der Ausbreitung von Hass und Anstiftung zu Gewalt wurden.“
Der gleichgeschlechtliche Elternverband Rainbow Families kündigte an, Strafanzeige wegen „öffentlicher Anstiftung zu Hass und Gewalt“ zu stellen. Daniel Martinovic, der Koordinator des Verbandes, sagte gegenüber Euronews, die „deklaratorische Unterstützung“ der Politiker*innen des Landes habe ihn überrascht, aber „ob die Polizei und der Staatsanwalt reagieren und Anklage gegen dieses Hassverbrechen erheben“, müsse sich erst zeigen.
„Wir hoffen wirklich, dass das Verbrennen eines Bildnisses in Imotski ein Wendepunkt ist, an dem die Menschen in Kroatien innehalten und nachdenken.“
Kroatische Bevölkerung queert sich nur langsam
Die Mehrheit der kroatischen Bevölkerung ist gegen homosexuelle Pflegeeltern. Wie die Wiener Zeitung berichtet, haben in einer Umfrage des staatlichen Fernsehsenders HRT, die nach dem Urteil durchgeführt wurde, 63,7 Prozent der 1.400 Befragten angegeben, das Recht homosexueller Paare auf Pflegekinder nicht zu unterstützen. 31,5 Prozent sprachen sich dafür aus, 4,8 Prozent konnten sich nicht entscheiden. Das EU-Land hat seit 2014 gleichgeschlechtliche Partnerschaften anerkannt und die Akzeptanz der LGBTIQ*-Community ist in den letzten zehn Jahren auch stetig gestiegen. Viele katholische und konservative Gemeinschaften in Kroatien weigern sich aber immer noch vehement gegen gleiche Rechte für queere Menschen.