Foto: Deutscher Bundestag / Pascal Bastien
Bundesverteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU)
2017 gab die damalige Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen die Studie „Umgang der Bundeswehr mit Homosexualität von 1955 bis 2002“ in Auftrag. Noch im Februar 2020 wartete unter anderem die FDP-Fraktion vergebens auf Ergebnisse. Am 17. September sollen laut von der Leyens Nachfolgerin Annegret Kramp-Karrenbauer nun aber die Studie und sogar ein Gesetz zur Entschädigung für Soldaten, die in der Vergangenheit wegen ihrer Homosexualität dienstrechtlich benachteiligt wurden, vorgelegt werden.
Diese Entschädigung solle nicht auf mögliche Sozialleistungen angerechnet werden, berichtet das Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND) unter Berufung auf einen Gesetzentwurf aus dem Ressort Kramp-Karrenbauers. Das Verteidigungsministerium hatte Anfang Juli angekündigt, im September einen Gesetzentwurf zur Rehabilitierung von Soldaten vorzulegen, die wegen ihrer Homosexualität bei der Bundeswehr diskriminiert wurden.
Foto: Bundesministerium der Verteidigung
Ursula von der Leyen
„Es ist noch nie systematisch analysiert worden, wie wir in der Vergangenheit mit dem Thema umgegangen sind. Wir haben in der Vorbereitung zum Kongress versucht, Beispiele aus der Vergangenheit zu finden, die wir präsentieren können. Da haben wir gemerkt, wie schwer das ist. Deshalb ist diese Studie so wichtig, die akribisch die Zeit zwischen 1955 und 2002 aufbereiten soll, denn ganz oft war der offizielle Entlassungsgrund, wenn jemand sich outete oder geoutet wurde, ein ganz anderer. Gesundheitliche Gründe oder Ähnliches. Es ist darum für uns sehr schwer, die Wahrheit aus den Akten herauszulesen. Die sprechen gar nicht über Homosexualität. Deshalb muss man Menschen daran setzen, die Spuren aufnehmen, um dann die korrekten Geschichten erzählen zu können. Im Anschluss muss man überlegen, für festgestelltes Unrecht eine Art pauschalen Ausgleich zu leisten – aber ich brauche erst einmal eine Grundlage.“
Ursula von der Leyen 2017 im Interview für die Printmagazine der blu Mediengruppe
Noch im Februar klare Ablehnung von gesonderter Rehabilitierung und Entschädigung
Eine Aufhebung früherer dienstrechtlicher Urteile, die sich aus heutiger Sicht als Diskriminierung darstellen, war bislang immer abgelehnt worden. Zuletzt erst am 20. Februar 2020 durch Kramp-Karrenbauers Ministerium selbst in einer Antwort auf die diesbezügliche kleine Anfrage des FDP Queerpolitikers Jens Brandenburg:
„Eine dem StrRehaHomG vergleichbare gesetzliche Regelung für die Aufhebung von truppendienstgerichtlichen Urteilen ist derzeit durch die Bundesregierung nicht beabsichtigt. ...“
Kramp-Karrenbauer ließ sogar explizit klarstellen, dass disziplinarrechtliche Folgen einer Verurteilung nach dem Paragrafen 175 StGB durch das Gesetz zur Aufhebung dieser Unrechtsurteile nicht betroffen seien.
„Sonstige, insbesondere berufsrechtliche Rechtsfolgen aus der Verurteilung (namentlich der Verlust der beruflichen Stellung sowie disziplinarrechtliche Folgen einer Verurteilung) wurden ausdrücklich ausgeklammert.“
Im Juli die 180-Grad-Wende
Im jetzt durchgesickerten Entwurf aus Kramp-Karrenbauers Ministerium seien laut dem Bericht des RND nicht nur Aufhebungen, sondern ausdrückliche Rehabilitierungsbescheinigungen vorgesehen. Alle Regeln sollten auch für frühere NVA-Soldaten gelten.
Jens Brandenburg von der FDP freut sich dementsprechend:
„Dass Frau Kramp-Karrenbauer unserer Forderung nach einem Rehabilitierungsgesetz inzwischen nachkommen will, ist eine gute Nachricht. Nachdem sie das noch vor wenigen Monaten abgelehnt hat, ist die klare Ankündigung der Ministerin sehr erfreulich. Mit unehrenhaften Entlassungen und faktischen Berufsverboten wurden homosexuelle Bundeswehrangehörige jahrzehntelang schikaniert. Truppendienstgerichtliche Urteile auf Basis des § 175 StGB müssen jetzt endlich aufgehoben werden. Eine aufrichtige Entschädigung sind wir den Opfern der staatlichen Diskriminierung schuldig.“
Nun heißt es warten auf den September.